Hotel „Mama“ und die finanziellen Folgen

In den USA, dem Mutterland aller Ratgeber, widmet sich eine Website den Problemen, die aus dem Zusammenleben mit erwachsenen Kindern in einem Haushalt entstehen können – die Süddeutsche berichtete darüber – und ruft aufmunternd zu: „Sie sind nicht allein!“ Vielmehr können dort kostenpflichtig Ratgeber erworben werden, die betroffenen Eltern helfen, diese Lebenslage zu meistern (www.adultchildrenlivingathome.com). Spannend ist daran, dass Ratgeber wie diese dokumentieren, welche Probleme eine Gesellschaft besonders drücken. Und eines dieser Themen ist die knifflige Frage, wie das Zusammenleben auch und gerade in finanzieller Hinsicht mit erwachsenen Kindern gelingen soll, die entweder das Elternhaus nicht verlassen oder gar wieder bei Mama und Papa einziehen.

Solange Kinder noch nicht volljährig sind, scheint die Sache weitgehend klar zu sein: Die Eltern sind für ihre Kinder verantwortlich und haben deshalb auch das Sagen. Sie fordern ihre Sprösslinge – mehr oder weniger erfolgreich – auf, ihr Zimmer aufzuräumen, für die Schule zu lernen oder im Haushalt mitzuhelfen. Eltern regeln die finanziellen Belange des Haushalts und kümmern sich um den Lebensunterhalt. Sie geben den Kindern Taschengeld. Sie legen fest oder handeln mit den Kindern aus, welche Dinge sie brauchen und von den Eltern gekauft werden.

Doch was tun, wenn die lieben Kleinen längst erwachsen geworden sind, in Jobs mal mehr, mal weniger Geld verdienen, sich am Kühlschrank bedienen und ihre Schmutzwäsche in den Wäschekorb legen, kurz: sich im Hotel „Mama“ niederlassen? Soll das Hotel „Mama“ – um im Bild zu bleiben – etwas kosten? Und wenn ja, wieviel?

Die klare Antwort: Ja. Selbstverständlich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten und der individuellen Lebenssituation der erwachsenen Kinder. Denn ein Haushalt mit erwachsenen Kindern ist wirtschaftlich gesehen etwas anderes als eine Familie mit minderjährigen Kindern. Natürlich sind Eltern in der Pflicht, ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen. Abgesehen davon hat die Fürsorgepflicht ein Ende, wenn erwachsene Kinder ihre eigenständigen Entscheidungen treffen, ein autonomes Leben führen, aber halt noch zu Hause wohnen. Die Schwierigkeit besteht nun darin, die Karten neu zu mischen und alte Rollenmuster zu verlassen. So ein Haushalt gleicht dann eher einer Wohngemeinschaft, in der Regeln für das Zusammenleben und die Finanzen neu ausgehandelt werden müssen.

Wie könnten solche finanziellen Regelungen aussehen?

1. Erwachsene Kinder geben einen festen Anteil vom Einkommen ab.
Zum Beispiel immer ein Viertel des monatlichen verfügbaren Nettoeinkommens. Bei dieser Regelung werden erwachsene Kinder nach ihren finanziellen Möglichkeiten in die Pflicht genommen. Verdienen sie gut, tragen sie mehr zum Haushalt bei; wirft der Job gerade wenig Geld ab, dann müssen sie auch weniger zahlen.

2. Erwachsene Kinder übernehmen bestimmte Ausgaben.
Zum Beispiel den Wochenendeinkauf an Lebensmitteln oder die Getränke der Familie oder andere regelmäßige Ausgaben. Die Beteiligung an den Kosten des Haushalts erfolgt dann nicht über einen festen Beitrag, sondern flexibel und in unterschiedlicher Höhe.

3. Jeder trägt seine eigenen Kosten.
Erwachsene Kinder übernehmen ihren Anteil an der Miete und anderen Gemeinkosten (Strom, Heizung, Versicherungen etc.). Dazu muss ein Haushaltsbudget aufgestellt werden, das die Kosten des Haushalts transparent aufzeigt und den Haushaltsmitgliedern die Kosten wie in einer WG individuell zuzurechnet.

Egal, welche finanziellen Regelungen mit den erwachsenen Kindern getroffen werden: Für ein gelingendes Zusammenleben ist es entscheidend, dass die Rollen von Eltern und Kindern neu definiert werden. Eltern müssen aus der Fürsorgepflicht für die Kinder entlassen werden, damit sie wieder Geld für ihre eigenen Ziele und Wünsche verwenden können. Und Kinder sind nicht mehr die zu versorgenden Kleinen, sondern erwachsene Personen, die ihr Leben eigenständig in die Hand nehmen – egal, ob sie bei den Eltern oder in einer eigenen Wohnung wohnen.